Am 13. Januar 2022 folgten der Leiter des Jugendsamtes der Stadt Siegen Herr Dr. Raimund Jung und seine Stellvertreterin Frau Susanne Wüst-Dahlhausen der Einladung des Jugendamtselternbeirats (JAEB) der Stadt Siegen zum Austausch über die Siegener Kitas. Alle Eltern von Siegener Kita-Kindern waren zuvor aufgefordert worden, ihre Anregungen, Fragen, Sorgen und Nöte mitzuteilen.
Zahlreiche Mails mit Fragen erreichten Stephen Müller, Vorsitzender des JAEB. Besonders die Frage, ob es in Kitas PCR-Pool-Tests wie in den Grundschulen geben wird, lag den Eltern am Herzen. Jung zeigte sich vorsichtig optimistisch: „Wir überlegen umzusteigen auf PCR und besprechen das Vorgehen in der kommenden Woche mit allen Trägern.“ Die Stadt möchte das Konzept gerne durchsetzen, obwohl es sehr aufwendig und kostspielig sein wird. Außerdem müsse noch ein Labor gefunden werden, das die Tests auswertet. Für Kinder, die nicht in Kindertagesstätten, sondern über die Kindertagespflege bei Tagesmüttern betreut werden, sei ein PCR-Test nicht realisierbar, merkte Wüst-Dahlhausen an. Jedoch könnten Tagesmütter weiterhin drei Tests pro Woche pro Kind im Familienbüro abholen. Da dem JAEB von Unregelmäßigkeiten bei der Testverteilung in einigen Kitas berichtet worden ist, erläuterte Jung, dass die Tests zwar vom Land kommen, aber die Träger als Arbeitgeber verantwortlich seien für die Verteilung an die Mitarbeiter der Kitas.
Größtes Problem: Personalmangel
Eine Teststrategie ist allerdings nur so gut, wie das Personal, das diese umsetzen muss. Denn daran mangelt es in vielen Siegener Kitas. „Die Situation ist sehr angespannt“, so Jung. Er sieht darin kein Corona-gemachtes Problem, sondern eins, das schon lange absehbar war. Nun würde es durch beispielsweise den geplanten Rechtsanspruch auf Ganztagsschule ab 2026 weiter verschärft, da das bis dahin ausgebildete Fachpersonal auf noch mehr Stellen verteilt werden müsse. Als Gegenmaßnahme bietet das Berufskolleg AHS seit 2019 die Ausbildung zum Erzieher oder zur Erzieherin als Praxisintegrierte Ausbildung (PiA) an. Dadurch können die angehenden Fachkräfte sofort unterstützend in den Kitas mitwirken, gleichzeitig beziehen sie bereits ein Gehalt, was finanzielle Erleichterung schafft. Jung ergänzte, dass die Träger dennoch gefragt sind, sich als Arbeitgeber besser aufzustellen und zu präsentieren.
Familienbüro Siegen: Strauß an Möglichkeiten
Weitere Fragen aus der Elternschaft erreichten den JAEB bezüglich der speziellen Unterstützung von Alleinerziehenden. Wüst-Dahlhausen antwortete darauf mit dem breiten Angebot des Familienbüros. „Wir bieten einen Strauß an Unterstützungsmöglichkeiten für alle Eltern nicht nur in Notsituationen“, so Wüst-Dahlhausen. Das Familienbüro ermittelt individuell welche Maßnahmen sinnvoll und zielführend seien, vom Babysitter bis zur Kurzzeitpflegefamilie. „Ganz generell ist es die Aufgabe des Familienbüros die große Vielfalt an Angeboten zu bündeln, Eltern zu informieren und dann entsprechend zu vermitteln“, erläuterte Wüst-Dahlhausen. Neben Kindertagespflege, Frühe Hilfe, Willkommensbesuche für Eltern mit Neugeborenen und Babysitter Ausbildung sowie Vermittlung, stehe der präventive Kinderschutz ganz oben auf der Agenda.
Dauerbrenner Betreuungszeiten
Ein stetig wiederkehrendes Spannungsfeld zwischen Eltern, Träger und Jugendamt ist die Diskussion um die Betreuungszeiten. Zu unflexibel, zu kurz, zu wenig Plätze, zu wenig Stunden. „Die Bedarfsgespräche gestalten sich jedes Jahr schwierig“, sagte Jung. Er beobachtete, dass 45-Stunden-Plätze vor allem von Eltern mit sehr kleinen Kindern nicht voll genutzt würden. Dennoch verlangten die Träger beziehungsweise die Kitas immer mehr danach. Der JAEB versteht die Not der Eltern, sich einen der begehrten Ganztagesplätze zu sichern, für den Fall, dass der Bedarf eintritt. „Weniger Stunden nutzen geht immer, mehr Stunden buchen selten“, merkte Müller an. Jung nahm die Träger in die Pflicht: „Das Jugendamt fordert von allen Kitas flexiblere Öffnungszeiten zwischen 6 und 18 Uhr. Das System ist nicht mehr zeitgemäß.“ Laut Jung stehen Jugendamt und Träger in ständigem Kontakt, um die Entwicklung voranzutreiben.
„Kita ist keine Dienstleistung.“
Müller regte das Thema Kostenbeiträge an, das für viele Eltern durchaus eine Belastung darstellt. Vor allem dann, wenn mehrere Jahre rückwirkend Einkommesüberprüfungen zu enormen Nachzahlungen führen. Jung gab zu bedenken, dass auch die Eltern in der Pflicht stünden Änderungen unverzüglich anzuzeigen. Er lenkte aber auch ein, dass das Jugendamt es in den letzten Jahren versäumt habe, zeitnah zu arbeiten. „Aber sollten irgendwelche Probleme zu klären sein, bitte kontaktieren sie einfach unser sehr freundliches und kompetentes Personal. Es steht ihnen bei allen Fragen gerne zur Seite“, sprach Jung die Eltern direkt an. Vor Corona, erzählte er, habe nicht nur ständig das Telefon geklingelt, sondern auch die Flure des Jugendamtes sind voll mit Eltern und Kindern gewesen. Es gab viel Kontakt zu Eltern und so konnten Fehler auch schneller entdeckt und behoben werden. „Im Elternbeirat ist es seit rund zwei Jahren ebenfalls schwierig geworden engagierte Eltern zu finden“, ergänzte Müller. Wüst-Dahlhausen erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass nicht nur Kita-Eltern das Recht haben, sich im Elternbeirat zu engagieren, sondern auch die Eltern der Kindertagespflege. „Grundsätzlich sind im Elternbeirat und JAEB alle herzlich willkommen“, ergänzte Müller. Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind großzuziehen und nur wenn Träger, Jugendamt, Kitas und Eltern an einem Strang ziehen, gelingt dies auch. Jung: „Kita ist keine einfache Dienstleistung. Eltern müssen sich engagieren, schließlich geht es um die Erziehung und Förderung ihrer Kinder.“